Alpenraum – Männlichen (2005)
Zurück zu den Ursprüngen
Der Männlichen ist und bleibt unser Lieblingsberg. Das Panorama ist immer wieder einmalig, die Gegend weitgehend dunkel, und gut zu erreichen ist er auch. Gut, man muss vom Auto in die Zahnradbahn nach Wengen und dort in die Seilbahn umsteigen, aber das nimmt man gerne in Kauf. Es ist viel spektakulärer, als mit dem Auto einfach irgendwo hinzufahren und seine Sachen auszupacken. Die Mitarbeiter/innen der Luftseilbahn Wengen-Männlichen kannten uns inzwischen und nahmen uns gerne mit. Vielen Dank dafür!
Doch zunächst, wie gesagt, in die Wengernalpbahn, hier die Talstation in Lauterbrunnen. Und ein paar genervte Touristen, die nicht genau wissen, warum man all diese Sachen auf einer Bergwanderung gebrauchen könnte.
Eine Neuerung seit unserem letzten Besuch: Es gibt Niederflurwagen, der Einstieg wird dadurch doch wesentlich erleichtert!
Und schon geht es bei bis zu 23 % Steigung auf nach Wengen. Umso besser, wenn die Kisten gut verstaut sind, während man aus dem Fenster guckt und seine Bilder macht.
Und noch eine Verbesserung: Nachdem eine Lawine die Talstation der Seilbahn in Wengen 1999 zerstört hatte, wurde sie innerhalb eines knappen Jahres in der Nähe des Bahnhofs wiederaufgebaut. Das erspart uns den weiten Weg mit unseren Kisten durchs Dorf, den wir 1996 noch machen mussten. Die alte Talstation ist gerade noch etwas rechts hinter dem Haus mit dem Holzgiebel zu erkennen – direkt unter dem Erdrutsch ….
Auf dem Berg
Oben wird erstmal der Rausch, pardon die Müdigkeit der langen Anfahrt ausgeschlafen. Zwei lange Nächte stehen bevor. Doch die Ruhe währt nicht lange.
Kaiserwetter! – wenn die Schweiz denn jemals einen Kaiser gehabt hätte. Die Familie des Grafen von der Habsburg bei Aarau ist ja bekanntlich nach Österreich ausgewandert, bevor sie Karriere machte. Das Wetter haben sie aber dagelassen.
Von links nach rechts sieht man den Eiger (3970 m) mit seiner Nordwand, den Mönch (4099 m) und die majestätische Jungfrau (4158 m). Auf dem Grat zwischen Mönch und Jungfrau thront das ⇒Jungfraujoch auf 3454 m. Im Vordergrund, ohne Schnee, der Tschuggen (2521 m) und etwas rechts dahinter das Lauberhorn (2472 m). Unten in der Mitte sieht man die Bergstation der Seilbahn. Rechts geht es steil hinunter nach Wengen und ins Lauterbrunnental.
Vor dieser Kulisse bauten wir unsere Zelte auf. Die Erfahrungen unserer bisherigen Touren halfen uns dabei, den richtigen Ort für das ganze Zubehör zu finden. Alles musste stolpersicher, wiederauffindbar und möglichst eben und zentral angeordnet werden.
Das gilt insbesondere für das Essen. Eine ganze Flugzeugkiste plus ein paar aufgeblasene Chipstüten, die beim besten Willen nicht mehr hineinpassten.
Dafür aber diese Kostbarkeit. Spezielle optische Pökelsalze schärfen die Augen, und Farb-, Geschmacks- und Hilfsstoffe sorgen für die erforderliche Wachheit während der Nacht. Die Wurst stammt ausschließlich von Schweizer Schweinen, die Erfahrung mit dem entbehrungsreichen Leben in den Bergen haben. 1A-Spitzenqualität. Mahlzeit!
Ozapft is!
Die aufgebauten Teleskope lockten schnell Besucher an. Beliebte Beobachtungsobjekte tagsüber waren die Sonne (mit Sonnenfilter), die Eiger-Nordwand und das Jungfraujoch. Auch Astronomie-Interessierte ließen sich blicken, darunter der frühere Chef der Seilbahn – der selber einmal ein Observatorium oben auf dem Männlichen geplant, aber nie verwirklicht hatte.
Langsam bereitet sich die Sonne darauf vor, unterzugehen. Ein Sonnenuntergang in den Bergen ist immer wieder etwas Besonderes. Nachdem die letzten Ausflügler und die letzte Bahn weg waren, wurde es still.
An den Berghängen gegenüber waren merkwürdige Schatten zu sehen, in verschiedenen Farben und Helligkeitsstufen. Sie stammen von Bergen in unterschiedlicher Entfernung – je weiter der schattenspendende Felsen entfernt ist, desto mehr kann sich das Licht dahinter durch Beugung und Zerstreuung in der Luft wieder ausbreiten.
Schließlich geht die Sonne unter, und an der Eiger-Nordwand und den umliegenden Bergen im Osten steigt langsam der Schatten hoch. Es wird kühler. – Am rechten Rand der Eiger, in der Mitte Schreckhorn und Lauteraarhorn, ganz links der Hausberg von Grindelwald, das Wetterhorn.
Die Atmosphärenschichten versinken langsam im Dunkel. So einen Abendhimmel sieht man eigentlich nur auf den Bergen. In der Talmitte ragt der Titlis empor.
Es wird Nacht
Im Westen ist die Sonne hinter den Bergen verschwunden. Die Farben des Himmels sind hier viel wärmer. Charakteristisch das Stockhorn, der eine runde „Finger“ etwas rechts von der Mitte.
Als es richtig dunkel geworden war, ging im Osten der Mars auf, er kroch sozusagen die Berge zum Wetterhorn hoch. Der Film ist auf den Mars nachgeführt und mit konstanter Belichtung aufgenommen, man sieht, wie die Nacht beginnt.
Bevor es nun richtig losgeht, gibt es erst einmal eine Suppe zum Aufwärmen. Trotz der nun angezogenen Schichten (Thermo-Unterhemd, lange Unterhose, dicke Jeans oder Skihose, Pullover, Vliesjacke, Winterjacke, Schal, Handschuhe, Wanderstiefel mit Thermosohlen, Wintermütze) wird es langsam kühl. Aus Traditionsgründen gibt es wieder den mexikanischen Feuertopf. Selbstredend haben wir hinterher von unserem ganzen Zeug jedes Stäubchen wieder mitgenommen.
Zuvor aber noch ein letzter Blick auf einen Nachbarberg: das über 10 km entfernte Schilthorn, das als „Piz Gloria“ aus dem James-Bond-Film „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ bekannt ist. Dabei erwies sich schon der erste Nutzen eines Teleskops!
Und nun die Astrobilder
Eine Strichspuraufnahme um den Himmelsnordpol herum. Von dort kommt doch noch einiges an Licht von den Städten (vor allem Interlaken). Irgendjemand hat am rechten Bildrand mit seiner Rotlichtlampe ins Objektiv geleuchtet.
Das gleiche Richtung Süd-südost. Auch hier kommt Licht von unten, wenn auch weniger. Man sieht den Eiger etwas rechts von der Mitte, rechts daneben den Mönch, und noch weiter rechts das Jungfraujoch. Das grelle Licht dort oben kommt vom Aussichtsgebäude, der sogenannten Sphinx, auf 3571 m Höhe. Schräg rechts darunter … die Scheinwerfer eines Autos, mit dem der Inhaber des Männlichen-Hotels die letzten Reste der Sommersaison ins Tal bringen wollte. Und das kleine Licht in der Eiger-Nordwand kommt von der beleuchteten Aussichtsstation „Eigerwand“ der Jungfraujochbahn, die im Inneren von Eiger und Mönch ihre Schleife zum Jungfraujoch zieht. Ebenso sieht man die Verzerrung des 17 mm-Objektivs: Die Bahnen der Sterne biegen sich am rechten Rand in die Gegenrichtung.
Und dies ist der Sternenhimmel! Eine so dunkle Gegend gibt es selten in Zentraleuropa. Dieser Ausschnitt zeigt drei offene Sternhaufen, M36, M37 und M38, in leicht bogenförmiger Anordnung links oberhalb der Mitte, dazu zwei rote Gaswolken, leicht rechts von der Mitte. Ein ähnliches Bild hat man, wenn man sich einfach auf den Boden legt und den Himmel mit einem Feldstecher absucht. Sehr zu empfehlen!
Jetzt geht's bergab
Am nächsten (zweiten) Morgen war nun alles vorbei. Die zusammengepackten Sachen wurden wieder in die Kisten verladen und zur Seilbahn gerollt. Die Kälte der Nacht und des Morgens haben ebenso wie die zwei durchwachten Nächte ihre Spuren hinterlassen.
Eigentlich war die Sommersaison schon zu Ende, die Seilbahn ging in die Revision. Dankenswerterweise hat man uns aber dennoch (mit spezieller Voranmeldung) wieder nach unten mitgenommen. Obwohl diverse Reparaturen und Erweiterungen an der Bahn schon begonnen hatten, zum Beispiel automatische Gondeltüren, fühlten die meisten von uns sich dennoch sicher ….
Die Mitarbeiter der Bahn und des Herstellers, die zur Revision gekommen waren, zeigten sich gleich sehr interessiert an unseren Aufnahmen. Wir waren ebenfalls begeistert von der ganzen Tour – und Achtung, wir kommen wieder!